Zum EUGH-Urteil über Datenerhebung auf Websites: Ich will doch nur backen!
Vor knapp einer Woche, am 9. Oktober 2019, habe ich ein Intensiv-Seminar
zur DSGVO besucht. Hinterher war ich weiß wie eine Wand. Jetzt weiß ich also,
was zu tun ist, damit mein Blog www.ichmussbacken.com
rechtskonform ist. Zumindest theoretisch. Denn wie ich die komplexen Maßnahmen
im Detail umsetzen soll und wie sich die Änderungen auf den Blog auswirken
werden, das weiß ich nicht.
Ich fange von vorne an: Das Intensiv-DSGVO-Seminar fand aus
konkretem Anlass statt. Das EuGH Urteil vom 1. Oktober 2019 besagt, dass
Datenerhebung erst nach ausdrücklicher Einwilligung der Websitenbesucher_innen
erfolgen darf. Das hat Auswirkungen auf alle Website-Betreiber_innen, also auch
auf mich mit meinem Foodblog. Das Seminar war inhaltlich
super, erklärte Urteile, Bestimmungen, Anforderungen, Tools und
Umsetzungsmöglichkeiten. Alles in allem sehr informativ und konkret.
Im Zug des Seminars ließ ich die Rechtsprofis die
Schwachstellen meines Blogs analysieren. Die waren offensichtlich: Der
Cloud-basierte Server in den USA ist problematisch; Google-Analytics ist nicht
ideal; die Cookiebar passt nicht. Auch Social Media Buttons und Instafeed
gehören überarbeitet. „Der Blog lässt sich relativ einfach rechtskonform
machen“, wurde mir versichert. „Das geht.“ Blass war ich trotzdem. Das klingt ja
alles einfach. So simpel ist die Umsetzung für mich als Bloggerin aber nicht.
Die nötigen Änderungen im Detail
Derzeit messe ich die Performance meines Blogs mit Google Analytics. Ein Tracking-Tool – wie eben Google Analytics – ist für mich als Bloggerin essenziell. Unternehmen, die an Kooperationen interessiert sind, wollen wissen, wie viele Seitenaufrufe und „Uniques“, Besucher_innen, der Blog monatlich hat. Sie wollen auch wissen, wie alt die Besucher_innen sind, woher sie kommen, wie viele davon Frauen und wie viele davon Männer sind. Diese Zahlen sollte ich liefern können.
Mit dem neuen EUGH Urteil ist klar, dass Daten erst getrackt werden dürfen, wenn die Besucher_innen dem ausdrücklich zugestimmt haben. Wenn ich Google Analytics weiterhin einsetzen möchte, muss ich die Besucher_innen also in der Cookiebar fragen, ob sie der Datenerfassung durch Google Analytics zustimmen. Das werden vermutlich viele Besucher_innen nicht machen.
Also wird die Zahl der Seitenaufrufe und der Uniques auf meiner Website sinken. Halt, falsch: Nicht die Zahl der Seitenaufrufe und Uniques wird sinken, sondern die Zahlen, die mir angezeigt werden. Die Anzahl von Personen, die den Blog besuchen, aber der Datenerfassung durch Google Analytics nicht zugestimmt haben, kann ja nicht erfassen.Wenn ich also bei Google Analytics bleibe, werde also nicht wissen, wie viele Seitenaufrufe und wie viele Besuche mein Blog tatsächlich hat. Ich werde ich also Unternehmen keine aussagekräftigen Zahlen über die Performance meines Blogs liefern können.
Auch bei diversen Influencer-Plattformen werde ich nicht um Kooperationen zu pitchen können, weil dort in der Regel Zahlen von Google Analytics verlangt werden. Ich gehe zwar solche Kooperationen prinzipiell sehr selten ein, aber ich hätte zumindest gerne die Möglichkeit, mich für die eine oder andere spannende Kooperation zu bewerben.
Die Konsequenz eines lokalen Tracking Tools ist allerdings, dass ich den Server wechseln muss. Mein derzeitiger Server hat den Sitz in den USA und arbeitet über die Cloud. Ich kann dort keine lokalen Tracking Tools installieren. Die Anforderungen meines Blogs an Server und Hosting sind hoch. Mein Blog braucht unbedingt schnelle Ladezeiten – und bei einer Datenmenge von derzeit knapp 350 Beiträgen mit etwa 4.500 Bildern muss so ein Server wirklich viel leisten.
Ich habe die letzten Tage damit verbracht, einen Server zu recherchieren, anzufragen und einen Vergleichstest in die Wege zu leiten. Gerade jetzt, während ich dies schreibe, läuft ein AB-Test zwischen meinem jetzigen Host und einem lokalen Anbieter. Momentan sieht es so aus, als wären die Ladezeiten beim anvisierten lokalen Server kürzer als jetzt, die Webperformance allerdings leicht schlechter. Insgesamt scheint eine Übersiedelung aber ohne negative Konsequenzen möglich.
Ich werde die Performance des Blogs auf den beiden Servern noch einige Tage beobachten. Danach werde ich entscheiden, ob ich wechsle. Wobei ich nicht wirklich eine Wahl habe. Wenn ich ein lokales Tracking Tool verwenden will, werde ich zu einem lokalen Server wechseln müssen, unabhängig davon, ob er schneller ist als mein derzeitiger Host.
Nach der Übersiedelung auf einen Server mit Sitz in der EU kann ich die Performance des Blogs mit einem lokalen Tracking Tool messen. Zum Glück bin ich derzeit völlig unabhängig von Kooperationen und keinem Unternehmen Rechenschaft schuldig. Falls beim Umzug etwas schief geht oder die Zahlen einbrechen, dann ist es eben so. Langfristig werde ich jedenfalls auch mit lokalen Tracking Tools aussagekräftige Zahlen zur Verfügung stellen können.
Erst wenn diese beiden Schritte gesetzt sind – Übersiedelung
auf einen lokalen Server, Installation eines lokalen Tracking Tools –, dann
kann ich mich an die Änderung der Cookiebar machen. Anscheinend gibt es
momentan keine Cookiebar-Vorlage, die tatsächlich durch und durch rechtskonform
ist. Ich werde wohl ein Plugin installieren, das dem Ideal möglichst nahekommt.
Beziehungsweise, ich werde das Plugin installieren lassen; das korrekte Installieren
dieses Plugins und die Konfiguration mit dem Backend übersteigt meine
technischen Fähigkeiten.
Da ich kein Google Analytics und auch keine
Wordpress-Statistik über Jetpack haben werde, muss ich in der Cookiebar keine
Zustimmung zum Tracking einholen. Ich muss dort nur noch die Zustimmung zu Google
Adsense abfragen. Die Besucher_innen müssen auswählen können, ob sie Werbung
sehen wollen oder nicht. Ich vermute, dass nur wenige Besucher_innen dem
Schalten von Werbung zustimmen werden. Meine Einnahmen durch Werbung werden sicher
zurückgehen.
Wenn ich das alles umgesetzt habe, wären die wichtigsten
Maßnahmen in Richtung rechtskonform gesetzt. Jetzt ist es nur noch nötig, dass
ich die Social Media Plugins durch html-Buttons ersetze und den Insta-Feed über
eine api-Schnittstelle auf den Blog bringe. Dann müsste der Blog rechtskonform
sein. Diese Änderungen kann ich nicht selber durchführen. Ich muss sie an
Profis vergeben, und das kostet.
Mein Blog. Let´s talk facts
Ich bin Bloggerin. Keine Juristin, keine Webtechnikerin, keine Webdesignerin. Ich will nur backen und bloggen!
In meinem Blog steckt viel Herzblut drin, viel Freude und Stolz und Spaß. Seit über sechs Jahren backe, fotografiere, schreibe ich. Das war nicht immer leicht. Neben familiärem Chaos, dem Besuch von Uni-Lehrgängen, beruflichen Herausforderungen, Krankheiten und und Todesfällen in der Familie regelmäßig Blogbeiträge zu liefern, das ist anstrengend. Zugleich gab mir das Bloggen aber viel Kraft.
Mein Blog ist ein fixer Bestandteil meines Lebens geworden. Das bin ich, mit all meiner Leidenschaft fürs Backen!
Den Blog begann ich im August 2013, als reinen Hobby-Foodblog. Damals war Bloggen sehr einfach: Bei Wordpress holte ich mir ein gratis Theme, und dann ging es schon los. Ich war anfangs wirklich unprofessionell unterwegs. Meine Bilder waren eine Katastrophe, von SEO hatte ich keine Ahnung. Nur Backen konnte ich.
Ich wuchs schnell ins Bloggen hinein. Bei Bloggerkonferenzen und bei anderen Blogs holte ich mir Informationen über Webtechnik, Bildbearbeitung, SEO-Maßnahmen und Datenschutz. Ich wurde besser beim Fotografieren, beim Texten, bei der Bedienung der Social-Media-Kanäle, und auch beim Backen. So nach und nach entwickelte ich mich zu einer richtigen Bloggerin.
Je mehr ich über das Bloggen lernte, umso mehr Zeit brauchte ich für meine Beiträge. Fotografieren im Hochformat und in Querformat, Bildbearbeitung, Einfügen von alt-Texten auf den Bildern, SEO-Optimierung, das Erstellen von Pins, Betreuung von Facebook, Instagram, Pinterest, all das ist sehr zeitintensiv. Ich habe mich oft gefragt, warum ich mir das antue.
Da ich Hobby-Bloggerin war, übernahm ich nur selten Kooperationen. Die Vorstellungen der Unternehmen, die um Kooperationen anfragen, sind oft hoch, die Honorare niedrig. Neben meiner beruflichen Tätigkeit diese Kooperationen professionell zu bedienen, war und ist für mich immer auch Druck. Um wenigstens geringe Einnahmen aus dem Blog zu beziehen, nutze ich seit 2017 das Amazon-Affiliate-Programm. Wenn jemand über einen Link auf meiner Seite zu Amazon kommt und dort kauft, erhalte ich eine kleine Provision. Der Betrag ist klein, aber immerhin. Ich war zufrieden mit diesen Mini-Einnahmen.
Im Herbst 2018 war dann plötzlich alles anders. Die Seitenaufrufe auf meinem Blog explodierten, mehrere meiner Rezepte waren zu meiner Überraschung auf Seite 1 bei Google. Ich staunte. Und überlegte mir, ob ich den Blog vielleicht doch beruflich nutzen sollte. Ich bin Texterin. Da lag es nahe, den Blog als Referenz für mich zu nutzen. Außerdem hatte ich vor, Workshops zum Thema SEO-Texten und zum Schreiben von Blogartikeln anzubieten. Insofern ergänzten sich Blog und Unternehmen perfekt.
Ich entschloss mich also, dem Hobbyblog ein professionelles
Auftreten zu verpassen und ihn unternehmerisch zu nutzen. Das war mein
Weihnachtsgeschenk an mich selber. Ich leitete eine Überarbeitung des Designs
ein, samt Übersiedelung zu einem neuen Host. Ich leistete mir einen Grafiker,
um ein E-Book als Freebie zur Verfügung stellen zu können. Und ich installierte
Google AdSense, um regelmäßig geringe Beträge einzunehmen.
Anfang Mai 2019 ging ich mit dem neuen Design, dem neuen
Host und mit Google AdSense online. Wie sich herausstellte, sind die
monatlichen Einnahmen aus der Werbung ungefähr so hoch wie die monatlichen
Ausgaben für den Server – die Werbung finanziert den Host. Gewinn mache ich
keinen, aber die Verluste sind nicht zu groß. Insgesamt passt das für mich.
Von unternehmerischem Erfolg und Gewinn bin ich allerdings meilenweit entfernt. Meine Ausgaben in den letzten zwölf Monaten liegen im mittleren bis hohen vierstelligen Bereich. Meine Einnahmen decken etwa 10 % davon. In meinem Fall trifft der Mythos vom erfolgreichen Blogger, der mit wenig Leistung viel Geld verdient, ganz sicher nicht zu.
Ich rechtfertige mich vor mir selbst damit, dass sich die Investitionen innerhalb von vier Jahren amortisieren sollten. Ich plane, den Blog stärker in mein Unternehmen einzubinden und Aufträge rund ums Bloggen zu suchen; etwa das Schreiben von SEO Texten/Blogartikeln für Unternehmen oder das Durchführen von Workshops rund um Texte und Blogartikel.
Bis dahin ist der Blog halt ein teures Hobby. Andere Leute kaufen sich Motorräder, Uhren oder Sportwagen, leisten sich vielleicht eine Trekking Tour auf den Mount Everest oder zum Kilimandscharo. Ich habe den Blog.
Alles anders
Seit letztem Mittwoch sieht alles anders aus. Beim Blog ist also
ein Großteil der Tools und Features, auf die ich im Mai so stolz war, nicht
rechtskonform. Ich muss zurück an den Start, den Blog neu aufsetzen. Ich muss
erneut investieren, um die Änderungen durchführen zu lassen. Ich habe nicht damit
gerechnet, dass ich fünf Monate nach der Umstellung auf neues Design und neues
Hosting erneut investieren und wechseln muss. So war das nicht geplant.
Ich weiß noch nicht, welche Konsequenzen die Änderungen für
den Blog haben wird. Die Einnahmen über Werbung werden voraussichtlich zurückgehen.
Allerdings wäre der Server, den ich gerade teste, deutlich billiger als der
jetzige Server. Wenn ich Glück habe, werden die Werbeeinnahmen weiterhin die
Serverkosten decken.
Eventuell werde ich Schwierigkeiten haben, Unternehmen davon
zu überzeugen, dass meine Zahlen aussagekräftig sind. Das wird sich aber erst
zeigen.
Mein Fazit
Ich finde es gut, dass an rechtlicher Klarheit gearbeitet wird. Die Online-Welt wirkt auf mich momentan wie eine große rechtliche Grauzone voller Ungewissheit und Fallen. Für mich als kleine Bloggerin ist schwierig, herauszufinden, welche Regeln gelten, woran ich mich halten muss und welche Konsequenzen mir bei Verstößen drohen. Viele Gerüchte schwirren herum, immer wieder hört man von Abmahnungen auch bei kleinen Blogger_innen.
Ich habe ständig Sorge, dass ich für irgendetwas haftbar gemacht werde. Insgesamt finde ich die jetzige Situation verunsichernd.
Was ich gar nicht brauchen kann, sind praxisferne Richtlinien
und Diskussionen unter Rechtsanwälten darüber, wie man die diversen Richtlinien
und Urteile interpretieren könnte. Ich will auch keine Grundsatzdiskussionen
darüber, ob die DSGVO-Richtlinien sinnvoll ist und sich umsetzen lassen oder
nicht. Und ich will nicht fortlaufend meinen Blog nachbessern müssen und alle
paar Monate neue Erkenntnisse und Urteile einarbeiten müssen, in weitere technische
Änderungen an meinem Blog investieren müssen.
Ich möchte Klarheit. Klare Vorgaben in verständlichem
Deutsch. Vorgaben, die ich verstehe und die ich einhalten kann. Ich will
wissen, was ich tun muss, damit mein Blog rechtskonform läuft. Ich will wissen,
welche Tools dafür geeignet sind. Ich will Vorgaben, die sich umsetzen lassen,
ohne dass ich meinem Blog damit schade und hohe Kosten habe.
Wenn von mir verlangt wird, dass der Blog rechtskonform
gemacht wird, dann soll das bitte auch umsetzbar und halbwegs finanzierbar
sein. Sonst macht das Bloggen nämlich bald keinen Spaß mehr.
Vielen Dank für den ausführlichen Beitrag Eva!
Mehr Infos zu Eva findet ihr auf ichmussbacken.com
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Hallo Eva da wird"s einem richtig schummrig wenn man das liest. Soviel ich weiß habe ich wenigstens einen EU Server. Geld habe ich auch noch nie verdient. Ich finde es auch unmöglich, daß alles so kompliziert und schwierig zum Umsetzen ist. Liebe Grüße und danke für Deine Ausführliche Informationen! Gabi
Danke für diesen sehr informativen Beitrag!
Es ist auch bei mir so, dass ich einfach publizieren möchte und immer mehr Arbeit rundherum habe...
Es wurde sehr richtig beschrieben wie das "Drumherum" einen vereinnahmt.
Danke nochmals Eva für die Darstellung und blogheim.at für das Publizieren hier.
LG Maria, Pflege und Kunst
Hallo Eva, ich durfte deinen tollen Beitrag lesen und teile vieles mit dir. Es ist oft so schwer dem ganzen gerecht zu werden. Und leider stecken dahinter mehr Kosten, mit denen man am Anfang gar nicht rechnet. Mein Blog ist auch meine große Leidenschaft und ich hoffe das ich es noch viele Jahre betreiben kann. LG, Claudia von www.viewofmylife.com